Die Bilder dieser Serie zeigen Mütter, die in der Öffentlichkeit stillen. Das ist in einigen Ländern so tabu geworden, dass Frauen gezwungen sind, sich dafür zurück zu ziehen. Allerdings muss ein Säugling alle zwei bis drei Stunden saugen. Das Ergebnis ist, dass Frauen auf ihr Zuhause beschränkt sind. Das wirft die Frage einerseits nach der Verteilung des Raumes zwischen den Geschlechtern auf, dessen Außenseite traditionell den Männern und dessen Innenseite den Frauen gewidmet ist und anderseits nach der unterschiedlichen Wahrnehmung und Behandlung der Brüste von Frauen und Männern.
„Ich habe meinen Sohn auf der Entbindungsstation gestillt, aber nach zwei Tagen hatte Ezra Durstfieber und ich hatte nicht genug Muttermilch, um ihn mit ausreichend Flüssigkeit zu versorgen. Mir wurde dann geraten, ihm eine Flasche mit Milchersatz zum Zufüttern zu geben, aber er nahm nur die Flasche und lehnte die Brust sehr schnell ab.
Ich fühlte mich wirklich schlecht, da ich ihn nicht stillen konnte. Ich erlebte auch unangenehme Situationen wie in der Rückbildungsgymnastik, wo mich andere Frauen komisch ansahen und mich fragten, warum ich nicht stille. Es war nicht so sehr die Tatsache, mir die Frage zu stellen, die unangenehm war, sondern vielmehr die Art und Weise, wie ich gefragt wurde. Und die Tatsache, dass du dich immer rechtfertigen musst. Ich war auch schockiert, dass meine Hebamme meinen Partner fragte, was er davon hält, dass ich unserem Kind Milchpulver gebe. Als ob wir alles hätten ändern können! Ich fühlte mich sehr schuldig. Aber offen gesagt, wenn ich ein zweites Kind hätte und das Stillen nicht mehr funktionieren würde, müsste ich mir keine Sorgen darum machen. Schließlich hat es auch seine guten Seiten: Ich kann rausgehen, ohne mir Sorgen zu machen, ob genügend Muttermilch im Kühlschrank ist. Mein Sohn ist gesund. Das ist es, was zählt, und ich bin beruhigt.“
Lina und Ezra (8 Monate) rechts und ihre Jugendfreundin Pauline mit Emma im Görlitzer Park, Kreuzberg
„Mein Stillen läuft sehr gut. Ich habe den Eindruck, dass ich so viel Erfahrung im Stillen habe, dass ich Laktationsberaterin sein könnte. Ich habe meinen ältesten Sohn schon gestillt, bis er sich mit 13 Monaten selbst abgestillt hat. Dies wurde mir sehr leicht gemacht, indem er einfach einen Abend nicht gesaugt hat. Aber die Tage danach hat er nie wieder nach der Brust gefragt und das war es dann! Aber ich weiß, dass es nicht für alle Frauen immer so einfach ist.
Ich wusste, dass meine Mutter mich gestillt hatte, aber ich war überrascht, als sie mir sagte, dass sie das „nur“ bis zu meinem sechsten Monat getan hat. Da ich sie für einen Hippie hielt, dachte ich, sie hätte mich viel länger gestillt. Ich habe vor, Yohan zu stillen, solange er will. Ich denke, das Kind weiß, wann es bereit ist. Es ist für mich beruhigender, ihm Muttermilch zu geben. Ich habe mehr Vertrauen in die Natur, die das Beste für unsere Babys gemacht hat, und es ist erwiesen, dass künstliche Milch nicht die gleichen Vorzüge hat. Der ökologische Aspekt ist in unserer Familie wichtig.“
Marjorie und Yohan (2 Monate) in einem Café in Moabit
„Ich selbst wurde auch ein Jahr lang gestillt. Mir war schon immer klar, dass ich auch stillen
werde. Ich habe mich in der Schwangerschaft viel informiert, weil ich bei der Frau meines Bruders gemerkt habe, dass es am Anfang Probleme geben kann. Vor allem wenn man nicht vorbereitet ist. Sie hatte keine Ahnung und hat dann nach ein paar Tagen aufgegeben. Ich glaube, sie hat es nie richtig gewollt, sondern nur gemacht, weil man es von einer „guten Mutter“ erwartet.
Bei mir hat dann alles direkt geklappt. Carlo hat ein paar Minuten nach der Geburt angefangen zu nuckeln. Im Krankenhaus haben sie mir auch nochmal gezeigt, wie man das Baby anlegen muss.
Am Anfang fand ich es komisch vor männlichen Verwandten oder in der Öffentlichkeit zu stillen. Als ich aber mehr Routine hatte, war es mir egal, wer es sieht und wo ich es mache.
Eigentlich hatte ich, grob geschätzt, auch vor, ein Jahr zu stillen. Jetzt sind es aber schon fünfzehn Monate. Aber Carlo fordert meine Brust während des Tages nicht mehr so oft ein. Manchmal saugt er nur zwei Sekunden, um sich zu beruhigen, aber es ist offensichtlich nicht, weil er hungrig ist. Ich habe noch nicht gelernt, wie man ihn abstillt, aber ich habe das Gefühl, dass er es mit der Zeit von alleine machen wird.“
Mimi und Carlo (15 Monate) im Familienzentrum Kreuzberg
„Bis jetzt läuft alles sehr gut. Ich wurde von meiner Hebamme nach der Geburt (in Berlin) gut begleitet, die mir zeigte, wie man ihn gut an der Brust anlegt. Was mir nicht gesagt wurde, ist, wie lange es dauert zu stillen. Ich habe das Gefühl, dass Léon die ganze Zeit an meiner Brust hängt. Es ist ein radikaler Wechsel des Alltagsrhythmus, besonders für jemanden, der wie ich in seiner Arbeit sehr aktiv ist! Also lese ich beim Stillen oder schaue gleichzeitig auf mein Handy. Ich habe Freunde, die “Co-sleeping” machen und deren Kinder mit drei oder vier Jahren weiter mit ihnen schlafen, weil sie nicht alleine schlafen wollen. Das will ich mit Leon vermeiden. Er schläft in unserem Zimmer neben uns, aber wenn ich ihm nachts die Brust gebe, stecke ich ihn danach wieder in sein Bettchen. Es ist anstrengend, weil ich jede Nacht aufstehe und es mir schwer fällt, beim Stillen nicht einzuschlafen. Aber es ist machbar, weil ich noch nicht wieder zur Arbeit gegangen bin.“
Chloé und Léon (4 Monate) auf der Terrasse eines Cafés in Prenzlauer Berg
„Der Milcheinschuss war sehr schmerzhaft. Ich habe tatsächlich eine ektopische Brustdrüse (mit anderen Worten, eine dritte Brust) unter meiner Achselhöhle, die in den ersten Tagen verstopft war. Es war an der Grenze des Erträglichen. Es ist ein erbliches Merkmal in meiner Familie. Meine Mutter, die Japanerin ist, hat mich in den 80er Jahren in Frankreich lange gestillt, als es noch nicht sehr verbreitet war. Eto ist jetzt elf Monate alt, aber ich finde es immer noch schön ihn zu stillen und setze mir im Moment kein Limit. Ich stille überall, sobald er hungrig ist. Ich habe bis jetzt nie unangenehme Bemerkungen ertragen müssen, aber es ist möglich, dass die Menschen in Berlin offener sind als anderswo. Oder ich hatte Glück!“
Ayako und Eto (11 Monate) in der S-Bahn